Gegen jegliche Gefährdung des Gesundheits- und Sozialschutzes, lasst uns vereint mobilmachen!

Weltsozialforum - Tunis, 28. März 2015.
Angeregt durch eine Ausgangsgruppe, teilten wir als am Weltsozialforum in Tunis teilnehmende Organisationen, soziale Bewegungen, Gewerkschaften und andere Gruppen und Einzelpersonen unsere Analyse, Erfahrungen und Sichtweisen rund um das Thema Gesundheits- und Sozialschutz.

Wir konzentrierten uns auf Fragestellungen, die mit gesellschaftlichen Einflussfaktoren auf Gesundheit, wie Armut, Arbeitsbedingungen, Bildung, Geschlechterungleichheit und Zugang zu Wasser, verbunden sind. Wir diskutierten auch die weltweit zunehmende Vermarktlichung von Gesundheit, Gesundheitswesen und Sozialschutz.

Unsere Gespräche zeigen, dass die Krise im Gesundheits- und Sozialschutz eigentlich eine Folge der globalen neoliberalen Politik ist:

• Die Finanzialisierung der Wirtschaft, unterstützt durch die Geldpolitik, ebenso wie die internationalen Schulden verschlingen alle Nationen, kleine wie große, und erzwingen Einschränkungen bei der Bevölkerung, während die Interessen der Banken und multinationaler Unternehmen begünstigt werden, zum Nachteil der Sozial- und Gesundheitspolitik.
• Unausgewogene Kräfteverhältnisse führen zu Handelsabkommen, die, mit Zustimmung diverser Regierungen, den Profit der Banken und multinationaler Unternehmen über den der Menschen stellen.
• Ein globalisierter Markt für Gesundheitswesen und Sozialschutz hat einen katastrophalen Einfluss auf den Zugang zu Dienstleistungen, Arbeit, Rente, Arbeitsbedingungen, Versorgungsqualität und Migration von Gesundheitspersonal vom Globalen Süden in den Norden und vom öffentlichen in den privaten Sektor.
• Zunehmende Militarisierung und Besatzung verursachen Tod, Verlust von Land, Arbeit und Nahrung, während gleichzeitig eine Reaktion in Form von wachsender Intoleranz zwischen Gemeinschaften, Terrorismus und konfessionellen Konflikten begünstigt wird.
• Die größte Last der Krise wird von denen getragen, die ohnehin bereits marginalisiert sind – Frauen, Kinder, Migranten, Arme, Menschen mit Einschränkungen, Arbeiter und Kleinbauern.

Gesundheit ist Leben in seinem gesamten Ausmaß: körperlich, geistig, gesellschaftlich und in Bezug auf die Umwelt. Es handelt sich um ein grundlegendes und unveräußerliches Menschenrecht und um ein allgemeines gesellschaftliches Gut der gesamten Menschheit; es verlangt, dass alle Menschen überall auf der Welt in Frieden und frei von Unterdrückung leben können.

Alternativen sind dringend und nötig!

• Die Rechte der Menschen auf eine saubere Umwelt, gute Arbeit und Arbeitsbedingungen, Zugang zu Wasser, Bildung, Nahrung, Kultur, Wohnen und Wohlbefinden müssen verwirklicht, garantiert, verteidigt und ausgeweitet werden.
• Ein allgemeiner und umfassender Sozialschutz zur Förderung sozialer Gerechtigkeit und Würde muss implementiert werden.
• Vorrang hat hierbei ein Ansatz, der sich auf die Grundsätze einer umfassenden medizinischen Grundversorgung stützt und Vorsorge und respektvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen einschließt.
• Ein einheitliches Gesundheits- und Sozialsystem muss vollständig öffentlich sein und durch einkommens- und vermögensabhängige Besteuerung und/oder Sozialabgaben finanziert werden.
• Dieses System muss, gewährleistet durch ein partizipatorisches Kontrollsystem auf allen Ebenen, der Öffentlichkeit gehören und in öffentlicher Verantwortung liegen.
• Es muss alle Formen der Vermarktlichung zurückweisen und am Pflegeort frei sein.
• Das Recht auf Zugang zu unentbehrlichen Arzneimitteln, welche von guter Qualität und nicht durch Patentmonopole geschützt sind, muss gewährleistet sein.
• Internationale Institutionen müssen transparent und vollständig unabhängig von den Interessen der Multinationalen und von Privatfinanzierung sein.

Angeregt durch unsere eigenen Erfahrungen denken wir, dass es nun Zeit wird für kollektives Handeln!

• Vernetzen wir uns, teilen und verbreiten wir unser Wissen und unsere Analysen, weiten wir unsere Bewegung aus, stärken wir uns gegenseitig in unserer Mobilmachung und schaffen wir eine neue internationale Solidarität, die uns helfen wird, die Kräfteverhältnisse zu verändern.
• Lasst uns, ausgehend von den konkreten lokalen, sektoriellen und konjunkturellen Erfahrungen, unsere Analyse publik und die pädagogischen Mittel für alle zugänglich machen, stärken wir unsere Zusammenarbeit und erhöhen wir somit unser Aktionspotential. Nehmen wir teil an der Entwicklung politischer Analysefähigkeit zu gesellschaftspolitischen Entscheidungen.
• Agieren wir auf politischer Ebene:
◦ Gesetze müssen das ureigene Recht auf Gesundheits- und Sozialschutz garantieren;
◦ Schaffen wir starke Volksbewegungen, die politische Systeme kontrollieren und Druck ausüben können, damit diese Rechte geachtet und umgesetzt werden.
• Als Professionelle im Gesundheitsbereich, Nutzer/-innen und Bürger/-innen... Lasst uns, durch Weiterbildung und Sensibilisierung, zur wahren Triebkraft des Wandels werden.
• Schmieden wir Allianzen zwischen Professionellen und Nutzern/-innen, Gewerkschaften und Bürgerbewegungen, fördern wir lokale Bündnisse zwischen den diversen Akteuren zur Verteidigung des Gesundheits- und Sozialschutzes.
• Verstärken für unsere Bemühungen um einen Zusammenschluss mit Bewegungen, die auf gesellschaftliche Determinanten von Gesundheit, wie beispielsweise Klima, Handel, Sparpolitik, Schulden, Arbeitsbedingungen und Geschlechtergleichstellung, einwirken.

Aktionstage

• 18. April 2015: Internationaler Aktionstag gegen den Freihandel
• 18. – 26. Mai 2015: Jahresversammlung der WHO, Genf
Kontakt: sbarria@phmovement.org und Information www.phmovement.org
• Juni 2015: Aktionswoche für Solidarität mit Griechenland und gegen Sparpolitik
Kontakt: sebastian@altersummit.eu und Information www.altersummit.eu
• 17. – 24. Oktober: Internationale Woche des Aktionstags, beschlossen von der Versammlung der Sozialen Bewegungen beim Weltsozialforum
• November-Dezember 2015: COP 21, Paris
Information und Kontakt: coalitionclimat21.org
• 7. April 2016: Forum zum Sozialschutz in Maghreb, Marrakesch
Kontakt und Information: aziz_rhali@yahoo.fr

Alljährlich am 7. April: Weltgesundheitstag

Unterzeichner
Action Aid India, Association Tunisienne des Femmes Démocrates (ATFD), Association de Défense du Secteur Public de la Santé, du Droit des Professionnels et des Usagers (Tunisie), Association Tunisienne pour le Droit à la Santé, ATTAC Maroc, Comité pour l’Annulation de la Dette du Tiers Monde (CADTM), Centrale Nationale des Employés (CNE, Belgique), Collectif pour le Droit à la Santé au Maroc, CUT Brésil, Fédération Nationale de la Santé (UGTT), Forum Algérien pour la Citoyenneté et la Modernité, Forum Régional pour le Droit à l’Eau de la Région Arabe, Forum Social Mondial de la Santé et la Securité Sociale (FSMSS), Global Social Justice, International Association of Health Policy (IAHP), Médecins du Monde Belgique en Tunisie, Mouvement Populaire pour la Santé (PHM), Network for Transformative Social Protection, Observatoire Tunisien de l’économie, Réseau Européen contre la Privatisation et la Commercialisation de la Santé et de la Protection Sociale, Réseau National Dette et Développement (RNDD, Niger), Sud Santé Sociaux (France), Syndicat National des Médecins, Pharmaciens et Dentistes (UGTT), Syndicat National de la Sécurité Sociale (UGTT), Syndicat Générale des Eaux (UGTT), Théâtre du Copion (Belgique), Union des Diplômés Chômeurs (UDC, Tunisie), Union Générale des Etudiants de Tunisie (UGET), Union Générale Tunisienne du Travail (UGTT).

Übersetzung: Lara Silva