Genossen und Genossinnen,
im Namen der CGT möchte ich mich für die Einladung nach Hamburg bedanken und überbringe Euch die Grüße aller Mitglieder, die heute demonstrieren.
Ich freue mich sehr, heute in Hamburg zu sein, und das hat drei Gründe:
1. Wir feiern zusammen den 1. Mai
(…) Diese internationale Dimension der Arbeiterbewegung ist heute wichtiger denn je: Die internationale Finanz nutzt die Globalisierung, um die arbeitende Bevölkerung überall auf der Welt in Konkurrenz zu setzen. Wir müssen umso dafür sorgen, dass die Strukturen unserer internationalen Zusammenarbeit verstärkt werden und sich in der Praxis verwurzeln.
Als wir den 1. Mai am Ende des 19. Jhdts. geschaffen haben, hatten wir uns über die Forderung nach dem 8-Stunden-Tag geeinigt! Die CGT hat dieses Jahr in Frankreich eine Kampagne angestoßen zum Thema ‚Arbeitszeitverkürzung‘ mit dem Thema : „weniger lang arbeiten, damit alle arbeiten und besser arbeiten“ .
Die Frage der Arbeitszeitverkürzung möchten wir mit euch zusammen auf der europäischen Ebene einbringen.
(…)
2. Wir müssen gemeinsam über Europa sprechen.
(…) Gerührt bin ich über die Tatsache, dass wir, Vertreterinnen und Vertreter der Arbeiterschaft aus Frankreich, Deutschland und Griechenland, hier in Anwesenheit von Manolis Glezos gemeinsam 70 Jahre Frieden feiern. Nach 2 schrecklichen Weltkriegen wurde Europa mit dem Ziel aufgebaut, den Frieden dauerhaft zu garantieren. Aktuell sieht es leider so aus, dass das Versprechen der Gründerväter durch die Modalitäten der europäischen Konstruktion in Frage gestellt wird.
Die Finanzwelt hat Europa in Geiselhaft genommen. Leider wissen wir heute, dass die extreme Sparpolitik in die ökonomische Sackgasse führt, soziale Katastrophen heraufbeschwört und den Frieden direkt gefährdet. Europa wird von Teilen der Bevölkerung abgelehnt und in vielen Ländern erleben wir die beunruhigende Zunahme des Nationalismus.
Die Troika verschreibt eine extreme Sparpolitik allen Ländern Europas, und zu allervorderst Griechenland. Hier ist die Position des DGB besonders wichtig, damit die Beschäftigten der Länder nicht gegeneinander aufgehetzt werden. Eure Stellungnahme hinsichtlich Griechenlands wurde sehr begrüßt. Hier müssen wir zusammenarbeiten, auch mit dem europäischen Gewerkschaftsbund, um die Initiativen zur Solidarität mit den Griechinnen und Griechen zu vervielfältigen und durchzusetzen, dass ihre Abstimmung respektiert wird.
Im Gegensatz zur binären Debatte der Liberalen und der Extremen Rechten über die Frage Für oder Gegen Europa, muss die Fragestellung lauten, WELCHES Europa es denn sein soll. Nur durch die gemeinsame Aktion aller europäischen Gewerkschaftsorganisationen kann verhindert werden, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Sozialdumping gegeneinander aufgewiegelt werden.
Wir brauchen auf europäischer Ebene konkrete Forderungen wie das Beispiel des europäischen Investitionsplans zeigt. Unser Investitionsplan ist nicht nur ein starker Hebel für ein Europa der Vollbeschäftigung sondern auch eine Antwort auf die Dramen, die sich wiederholt im Mittelmeer abspielen, bei denen Tausende von Migranten ums Leben kommen. Wir brauchen bei einem so großen Solidaritätsbedarf eine Kooperationspolitik von Europa mit Afrika und einen Investitionsplan, der den Zugang zu Gemeinschaftsgütern wie Wasser, Gesundheit und Energie sichert.
Unsere Regierungen machen sich die Forderungen der Unternehmen zu Eigen und drängen uns in die Wettbewerbslogik und machen aus der Senkung der Arbeitskosten eine Priorität. Dadurch treten wir alle in Konkurrenz und letztendlich führt das zum Verfall der Löhne und Gehälter in ganz Europa.
Die Gehälter und Renten sind um 20 % bis 30 % gesunken in Griechenland, Spanien, Portugal, Rumänien, Ungarn und in den Baltischen Ländern. Insgesamt verringert sich die Zahl der Tarifverträge als soziale Sicherheit in Europa.
Damit in Frankreich die ‚Kosten‘ für die Arbeit gesenkt werden, macht die Regierung noch weitere Geschenke den Unternehmen, indem sie von Steuern und Sozialabgaben freigestellt werden. Dadurch fehlt das Geld für Versorgungseinrichtungen, Infrastruktur und Zukunftsprojekte. Hinzu kommt die Steuerflucht, von der die Multinationalen Firmen und die Superreichen profitieren. Diese Steuerparadiese befinden sich nicht in exotischen Regionen des Globus sondern mitten in Europa, auch in Luxemburg, wo der jetzige Präsident der EU-Kommission, Herr Junker vormals Regierungschef war. So wird der Reichtum, den wir durch unsere Arbeit erwirtschaften, von der Finanzwelt abgeschöpft.(...)
Wir kämpfen gegen das Low Cost Modell. Die allgemeine Mobilisierung, die Ihr erreicht habt zusammen mit der Durchsetzung des Mindestlohns, sind für uns wichtige Grundlagen. Dadurch können wir beweisen, dass die Maßnahmen, die uns als Basis des Deutschen Modells gepriesen werden, nämlich die Hartz-Reformen den gegenteiligen Effekt hatten und dazu führten, dass Regelungen und soziale Vereinbarungen durchbrochen wurden, die in der Nachkriegszeit entstanden sind und das Deutsche Modell somit der Welt der Finanz geöffnet hat.
Es ist Fakt, dass Ihr allen europäischen Arbeitnehmern bei der Durchsetzung ihrer Rechte helft, wenn Ihr in einem Bereich eine Lohn- und Gehaltserhöhung durchsetzen könnt.
3. Zusammen die Gewerkschaftsbewegung des 21. Jahrhunderts konstruieren
Ihr mobilisiert Euch gegen Minijobs und Prekarität, die vor allem Frauen und Jugendliche betrifft. Wir haben die gleichen Sorgen. Wir Ihr mit dem Mindestlohn, müssen auch wir die Rechte im INTERPROFESSIONELLEN Bereich verstärken.
Noch nie waren Reichtum und Macht derart konzentriert vorgekommen: 1 % der Weltbevölkerung besitzt 50 % des gesamten Reichtums.
Die verstärken Ungleichheiten können passieren weil die Gegenmacht geschwächt ist, damit sind vor allem die Gewerkschaften gemeint. In Frankreich, und ich denke, auch in vielen anderen Ländern Europas, ist die Gewerkschaftsbewegung eine enorme Baustelle. Alle gewerkschaftlichen Kräfte müssen jetzt in Zukunft gebündelt werden.
Wir sind der Hebel für den Widerstand gegen den Ausverkauf der Erde, wir sind somit der Kern des Kräftemessens – unsere Unabhängigkeit stört und wird frontal angegriffen. Das Europäische Parlament debattiert zur Zeit über eine sehr gefährliche Richtlinie, die das Geschäftsgeheimnis betrifft. Die Definition des Geschäftsgeheimnisses ist sehr vage, und daher kann es sich um jede Art von Verbot von Informierung handeln: z.B. könnten alle Informationen, die heute an Betriebsräte und Personalvertreter übermittelt werden, nicht an die arbeitende Bevölkerung und die Presse weitergegeben werden.
Diese Richtlinie stellt die Pressefreiheit und die gewerkschaftliche Freiheit in Frage. Die Interessen der Multis werden wichtiger als das allgemeine Interesse. Deshalb haben wir einen Appell auf Europaebene lanciert, um die Bevölkerung zu informieren und zu mobilisieren. Der Präsident des Europ. Gewerkschaftsbund und 65 Gewerkschaften und NGO (NichtRegierungsOrganisationen) aus 10 Ländern haben unterzeichnet und wir hoffen, mit dem DGB in dieser Frage zusammen zu arbeiten, wie wir das auch im Bereich TTIP machen.
Sicherlich brauchen wir dabei einen klaren Blick auf die wirkenden Logiken, wir müssen aber uns auch über unsere Stärke im Klaren sein: die Oligarchen dieser Welt konzentrieren immer mehr Macht in ihren Händen, sind aber stark in der Minderheit. Wir sind die 99 % !!
Wir müssen der Finanzwelt die Macht entreißen und endlich dafür sorgen, dass die Lehren aus der Krise gezogen werden.
Es ist an uns, den Kurs zu wechseln und zum sozialen Fortschritt zurückzufinden!
http://hamburg.dgb.de/themen/++co++743f9ba2-f00f-11e4-b790-52540023ef1a
(Übersetzt von Barbara Schantz-Derboven, AS-Lektorat)